Eiszeiten formten unsere Heimat im Bereich von Rossel und Wilberhofen


Die Entstehung von Flußterrassen, Umlaufberg und Umlauftal im Bereich von Rossel und Wilberhofen.

 


 

Vorwort :

Wer als aufmerksamer Wanderer im Siegtal und insbesondere im Windecker Ländchen unterwegs ist, dem fallen vielleicht ein paar ungewöhnliche Dinge auf.

Eventuell bemerkt er Flusskiesel weit über dem heutigen Bett der Sieg. Auch senken sich die Talhänge nicht mit gleichmäßigem Gefälle zum Talboden ab. So werden die steileren bewaldeten Partien  von mehr oder weniger ebenen Flächen unterbrochen, wo Landwirtschaft betrieben werden kann. Dies sind die Reste sehr alter Talböden, sogenannte Flussterrassen.

Vielleicht fällt dem Naturfreund auch auf, dass es Bereiche gibt, wo ein Hügel oder, wie bei Dreisel, ein Berg völlig von einer Talniederung mit Bächen umgeben ist, die Sieg selbst aber abseits fließt. Hier hat die Natur in sehr langen Zeiträumen die sogenannten Umlaufberge und Umlauftäler gebildet. Im Windecker Ländchen gibt es drei davon, dazu hat der Mensch beim Bau der Eisenbahn im 18. Jhd. dafür gesorgt, dass es bei Schladern noch ein weiteres Gebilde dieser Art gibt.

Für die Entwicklung des Siegtales in den vergangenen 5-10 Millionen Jahren sind komplizierte Prozesse verantwortlich.

So hat sich das Grundgebirge nicht nur langsam herausgehoben, sondern dies ist auch noch ungleichmäßig erfolgt.

Neben einer Einmuldung in West-Ost-Richtung kam es noch zu einer Drehungund auch zu Verwerfungen.

Diese tektonischen Vorgänge waren die Voraussetzung für die gleichzeitig erfolgte Tiefenerosion des Flusses.

Im Eiszeitalter der letzten 2 Millionen Jahre gab es gewaltige Klimaschwankungen zwischen den Kalt- und den Warmzeiten.

Obwohl es die Gletscher der Nordischen Inlandvereisung nur bis zur Ruhr geschafft haben, waren hauptsächlich die Vorgänge in den Kaltzeiten für die Tiefenerosion der Sieg verantwortlich.

In dem vorliegenden Kapitel möchte der Autor den Leser an den wissenschaftlichen Erkenntnissen über seine Heimat teilhaben lassen.

Das Windecker Ländchen ist nämlich in geographischer Sicht ein besonders schönes Gebiet im ganzen Rheinischen Schiefergebirge.

Mögen die Bewohner und die Besucher es zu schätzen wissen.

Dr. Heinz-Josef Gramsch

 

Bildvergrößerung zeigt die Terrassen von Rossel



Bildvergrößerung zeigt die Terrassen von Wilberhofen 



Bildvergrößerung vom Umlaufberg in Rossel mit Prallhang am Beuel

 

Begriffserklärung von Umlaufberg, Prallhang und  Gleithang.

Als Prallhang bezeichnet man das kurvenäußere Ufer eines Flusses, das durch die hier stärkere Strömung abgetragen wird.

Das kurveninnere Ufer (im Strömungsschatten) wird als Gleithang bezeichnet; hier wird Material wegen der geringeren Strömung abgelagert. Die Begriffe werden in Zusammenhang mit der Mäanderbildung eines Flusses verwendet.

Durch die Erosionsprozesse verlagern sich die Schlingen eines Flusses im Laufe der Zeit. Trifft ein wandernder Prallhang rückseitig auf einen anderen Prallhang, entsteht ein Umlaufberg.  


Foto vom Umlaufberg Beuel in Rossel

Die Sieg, Berge und Bäche in Rossel und Wilberhofen

Anlagen zum Bericht 

Die Naturarena des Glazialen Zeitalters.

 Vorgeschichte :

 
-320 Mio Jahre (vor 320 Millionen Jahren)

Durch Kollision von Laurussia, dem großen Nordkontinent, und Gondwana, dem großen Südkontinent, entsteht der globale Kontinent Pangäa (gr., pan – ganz, gesamt; gaia – Erde, Land; gesamtes Land).

Als Folge dieser Kollision kommt es zur Variszischen Gebirgsbildung. Das Rheinische Schiefergebirge wird aufgefaltet, verschiefert.

In der Folgezeit wird das alpenähnliche Gebirge größtenteils durch Erosion wieder abgetragen.

 

-10 bis -5 Mio Jahre (vor 5 bis 10 Millionen Jahren)

Die alte Landoberfläche in unserer Region muldet sich in O-W-Richtung ein.

Dieser sogenannte „Siegtrog“ liegt in einer Höhe von 260 – 280 m ü. NN. Er bildete zwischen den Höhenzügen Nutscheid (bis 378 m) im Norden und Leuscheid (bis 376 m) im Süden das ca. 6 km breite Tal der Ursieg. Es ist heute längst durch Erosion stark zerstört, besonders durch die Zerschneidung der in die Sieg entwässernden Bäche.

Die Entstehung der Flußterrassen.

Vom Talboden ausgehend werden elf Terrassen unterschieden und mit T1 bis T11 benannt.

T10 und T11 gibt es nur an der oberen Sieg östlich der Irsenbach-Verwerfung, im Windecker Ländchen nicht.

Zu den erhalten gebliebenen Terrassen T4 – T9

Im noch recht warmen Klima des Pliozäns (vor ca. 5,3 – 2,5 Mio Jahren) setzt allmählich die Zertalung des Sieggebietes ein.

Das Grundgebirge hebt sich, es entstand ein Gefälle, das Tiefenerosion ermöglicht.

-5,3 bis -4,4 Mio Jahre (Unterpliozän): Die T9 entsteht, sie ist die höchstgelegene Terrasse im zentralen Windecker Ländchen.

Eine ausgeprägte T9 – Terrasse ist südöstlich von Röcklingen erhalten geblieben (Türmchenseiche).

siehe Anlage 2

-4,4 bis -3,5 Mio Jahre (Mittelpliozän): Die T8 entsteht., 15 – 20 m unter der T9.

Eine kleine T8 liegt nordwestlich von Altwindeck / östlich des Elisenthales in Höhe des nördlichsten Wohnhauses.

siehe Anlage 1.1

-3,5 bis -2,5 Mio Jahre (Oberpliozän): Die T7 entsteht., 15 m unter der T8.

Eine T7 – Fläche liegt südöstlich von Röcklingen (Türmchenseiche).

siehe Anlage 2

Im anschließenden Pleistozän, dem Eiszeitalter gibt es sechs Kaltzeiten.

Diese prägten die Flussterrassen T6 bis T1.

-2,5 bis -2,3 Mio Jahre: Die Brüggen-Kaltzeit

Zu Beginn der Eiszeit (Frühglazial) kommt es durch Frostsprengung sowie mächtiger Abflussmengen zu starker Tiefenerosion der Sieg.

Zum Höhepunkt der Kaltzeit (Hochglazial)  hin werden gewaltige Schottermengen abgelagert (Akkumulation bzw. Aufschotterung), da diese mangels Wasser nicht mehr transportiert werden können.

Durch die Einflüsse der Eiszeit wird das Tal der Sieg auf die Basis der T6-Terrasse (ca. 185 m ü. NN) eingetieft.

Auf dieser Basis, dem Fels des Devongrundgebirges, liegt eine 2 – 3 m mächtige Schotterschicht.

-1,6 Mio bis – 750 T Jahre: die Menap- und die Eburon-Kaltzeit

Zu Beginn kommt es wieder zu mächtigen Abflussmengen, diese räumen das Tal aus (Schotter der vorhergehenden Kaltzeit) und eine starke Tiefenerosion setzt ein.

An den Talrändern bleibt meist ein Teil des Schotters liegen, wenn die Abflussmenge bzw. die Randströmung nicht ausreicht.

Anschließend kommt es zur Akkumulation, wieder wird eine Schotterschicht von 2 – 3 m auf dem neu entstandenen Talboden, der Basis der T5-Terrasse, (ca. 170 m ü. NN) abgelagert.

Die T5 und T6 sind oft von Berg- bzw. Gehängelehm unterschiedlich mächtig überlagert, daher gehen sie an der Oberfläche meist mit schwacher Stufe ineinander über.

Die Terrassen in der Örtlichkeit:

- Wilhelmshöhe die Oberfläche des unteren Bereiches (T5) ca. 170 – 175 m ü. NN, des oberen Bereiches (T6) ca. 182 – 192 m ü. NN.

   siehe Anlage 3

   siehe Anlage 4

 - Klingelsberg unterer Bereich ca. 170 – 176 m ü. NN, oberer Bereich ca. 183 – 190 m ü. NN.

   siehe Anlage 5

- Auf dem Eichstock ca. 170 – 177 und 185 – 195 m ü. NN.

  siehe Anlage 5

- Auf dem Pattscheid ca. 170 – 180 und 185 – 195 m ü. NN.

  siehe Anlage 6

- Auf dem Großen Berg ca.170 – 180 und 188 – 195 m ü. NN.

  siehe Anlage 8 

  siehe Anlage 7

- Auf dem Kleinen Berg ca. 168 – 176 und 185 – 195 m ü. NN.

  siehe Anlage 10

  siehe Anlage 9

Nach der Entstehung der T5, kommt es bei tektonischen Verwerfungen zur Kippung des Geländes nach NO, gegen die Hauptabflussrichtung der Sieg.

Dies führt zu einer Gefälleverflachung mit der Folge einer starken Mäanderbildung bei der Eintiefung in die T5-Terrasse.

Die Terrassen T5 und T6 weisen im Gebiet der Umlaufberge kein Gefälle mehr auf.

Die Basis der Terrasse von T4 hat normales Gefälle parallel zur Aue.

Zwischen T4 und T5 liegt mit einem Höhenunterschied von bis zu 60 m die stärkste Stufe.

-400 bis -320 T Jahre: die Elster-Kaltzeit

Der gleiche Ablauf:

- grosse Abflussmengen

- Ausräumung des Tales, Reste bleiben am Rand liegen

- Tiefenerosion

- Aufschotterung

Die Basis der T4-Terrasse liegt bei durchschnittlich ca. 120 – ca. 122 m ü. NN, darüber 4 – 5 m Schotter.

Durch eine Lehmdecke unterschiedlicher Stärkeist die Oberfläche oft überhöht, auf ca. 124 – 132 m ü. NN.

Die Terrassen in der Örtlichkeit:

Ackerfläche im NO von Hoppengarten: Oberfläche von ca. 122 – ca. 133 m ü. NN.

   siehe Anlage 11

Der Rosseler Umlaufberg: Basis T4 121 m ü. NN, Schotterschicht bis 124 m ü. NN ohne Lehmdecke.

   siehe Anlage 12

 Der Dattenfelder Umlaufberg: Basis T4 123 m, darüber ca. 7 m Schotter und 8 m Lehm = Gipfel 138 m ü. NN.

   siehe Anlage 13

   siehe Anlage 14

Eine T4 – Terrasse ist in Wilberhofen nördlich des Bahnhofes Dattenfeld, zwischen der Rochusstraße und der

Engbachsmühle erhalten geblieben. Die Oberfläche liegt auf ca. 124 – 133 m.

   siehe Anlage 9

-280 bis -135 T Jahre: die Saale-Kaltzeit

Im Drenthe-Stadium (ca. -240 T Jahre) erfolgt die Eintiefung bis auf die Basis der T3-Terrasse auf 106 m ü. NN.

Darüber liegen ja ca. 2 m Schotter und Lehm.

-60 bis -20 T Jahre: Weichsel-Hochglazial

Durch erneute Eintiefung entsteht die T2-Terrasse, deren Oberfläche 3 – 6 m über der Talaue liegt. In unserem Bereich ist das T2-Tal weitgehend von der jungen Erosion ausgeräumt worden.

-12 bis -10 T Jahre: Weichsel-Spätglazial (evtl. noch jünger)

Die jüngste Eintiefung geht bis auf ca. 97 m ü. NN, das ist die Basis der T1-Terrasse.

Nach der jüngsten Eintiefung erfolgt im Bereich der Umlaufberge und -täler zwischen Rossel und Dreisel eine Aufschotterung von 7 – 8 m Mächtigkeit.

Über dieser erhalten gebliebenen Schotterschicht liegt Auenlehm in einer Stärke von 1 – 2 m.

In Höhe des Rosseler Umlaufberges liegt der Wasserspiegel der Sieg in einer Höhe von 103 ü. NN, der Grund auf ca. 102 m ü. NN.

Die Talauenhöhe beträgt 104 – 108 m ü. NN (1 -5 m über der Sieg), im Mittel 106.

Die Talfüllung hat im Mittel eine Mächtigkeit von 9 m (7 – 8 m Schotter und 1 – 2 m Auenlehm).

Die Basis von T1 ist somit auf ca. 97 m ü. NN.

Die Sieg fließt heute in einem ca. 5 m mächtigem Schotterbett, das der letzten Eiszeit entstammt.

Entstehung des Rosseler und des Dattenfelder Umlaufberges (Beuel)

siehe Anlage 1.2

Foto vom Umlaufberg Beuel in Rossel

Nach der Entstehung der T5, kommt es bei tektonischen Verwerfungen zur Kippung des Geländes nach NO, gegen die Hauptabflussrichtung der Sieg.

Dies führt zu einer Gefälleverflachung mit der Folge einer starken Mäanderbildung im T4-Tal bei der Eintiefung in die T5-Terrasse.

Der Rosseler und der Dattenfelder Mäander entstehen.

Vom heutigen Rosseler Umlaufberg „Beuel“ aus besteht noch ein Spornhals mit zwei sich annähernden Prallhängen nach Südosten zum Auenberg hin (in Richtung Auhütte).

-280 bis -135 T Jahre: die Saale-Kaltzeit

Im Drenthe-Stadium (ca. -240 T Jahre) erfolgt die Tiefenerosion des Rosseler und des Dattenfelder Mäanders bis auf die Basis der T3 in ca. 106 m bzw. ca. 111 m ü. NN.

Im Hochglazial kommt es zur Akkumulation und Überschotterung der Spornhälse mit T3-Schotter.

In einem untersuchten Profil parallel zur Bahnlinie durch den Gipfel des Rosseler Umlaufberges und des Umlauftales liegt die Basis der in der Saale-Kaltzeit entstandenen Terrasse in ca. 4m Tiefe, darüber 2 m Schotter und 2 m Lehm.

In dieser T3-Basis befindet sich in der Mitte des Umlauftales eine ca. 100 – 150 m breite und ca. 10 m tiefe Kerbe im Devonischen Grundgebirge.

Die Basis der T3 ist der jüngste Talboden im Umlauftal, sie liegt im SW-NO – Profil bei ca. 106 m, die Talaue (OK) des Umlauftales bei 110 m.

-115 bis -10 T Jahre: die Weichsel-Kaltzeit

Spätestens im Frühglazial bei der beginnenden Eintiefung der Sieg auf die T2-Basis werden beide Mäander abgeschnürt, der T3-Schotter bleibt in den Tälern liegen.Die Spornhälse sind durchbrochen, die Umlaufberge entstanden.

Die Sieg hat ihr heutiges Bett erreicht.

 

Der Dreiseler Umlaufberg

siehe Anlage 1.2

 

-1,6 Mio Jahre: Beginn der Eburon-Kaltzeit

Der Dreiseler Mäander existiert bereits, er entstand wahrscheinlich durch tektonischen Einfluss.

-400 bis -320 T Jahre: die Elster-Kaltzeit

Der Mäander wird auf die Basis der T4-Terrasse eingetieft, anschließend aufgeschottert.

Vom heutigen Umlaufberg aus besteht noch ein wahrscheinlich schon erniedrigter Spornhals nach Nordwesten zum Kolbenberg hin. Zwei sich annähernde Prallhänge lassen ihn immer schmaler werden.

Bei der Akkumulation der T4-Terrasse wird der Spornhals überschottert.

-280 bis -135 T Jahre: die Saale-Kaltzeit

Im Drenthe-Stadium (ca. -240 T Jahre) wird der Spornhals durchbrochen, der Mäander fällt trocken, er wird zum Umlauftal, es entsteht der Dreiseler Umlaufberg.

Die gefällsstarken Nebenbäche des toten Flussarmes schneiden sich ein, dabei wird der T4-Schotter zum Teil beseitigt.

Reste des umgelagerten Schotters werden am Ein- und Ausgang des Umlauftales abgelagert.

-115 bis -10 T Jahre: die Weichsel-Kaltzeit

Das Dreiseler Umlauftal wird von über 12 m mächtigen Hanglehmen verfüllt.

Am höchsten Punkt des Umlauftales im Südwesten befindet sich eine lokale Wasserscheide. Von der aus entwässert der Beuelsbach in der ehemaligen Laufrichtung der Sieg , der Helpensteller Bach in entgegengesetzter Richtung.

Das Umlauftal, der ca. 170 m tiefe Einschnitt der Sieg in die Fläche des „Siegtroges“ und der mächtigste Umlaufberg der Region, der das Tal um durchschnittlich 50 m überragt, bilden ein einzigartiges naturgeschichtliches Naturdenkmal – eine gigantische Naturarena des Pleistozän, des „Glazialen Zeitalters“.

 

Autor des Textes: Gerd Weiffen, 

 Autor: Karl Ludwig Raab


Hauptquelle der fachlichen Fakten: Dr. Heinz-Josef Gramsch: .,Die Entwicklung des Siegtales im jüngsten Tertiär und im Quartär"

 

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