Die Engbachmühle in Wilberhofen

 


Die Engbachmühle auf der Mercatorkarte von 1575




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Wasserkraftnutzung der Mühlen in unserer Heimat

Mutungsrechte der Engbachmühle


Schon lang ist der fleißige Müller am rauschenden Bach auch aus der Gemeinde Windeck verschwunden. Die Mühlenromantik ist uns nur noch in der Dichtung, der Malerei, der Fotografie, im Volksmund und vor allen Dingen im Märchen erhalten geblieben.

Dem Dramatiker Bert(old) Brecht hatte es wohl besonders das Wasserrad angetan, denn von diesem archetypischen Gerät hat er uns u. a. die folgenden Zeilen hinterlassen:

              „Freilich dreht das Rad sich immer weiter,

              Daß, was oben ist nicht oben bleibt,

              Aber für das Wasser unten heißt das leider

              Nur: daß es das Rad halt ewig treibt.“

Wenn ein Wanderer vor über 400 Jahren (nach der Mercatorkarte aus dem Jahre 1575) in der heutigen Gemeinde Windeck siegaufwärts schritt, so konnte er die Radmühlen am Kaltbach, Engbach, Trimmbach, am Siegfluß bei Mauer, am Löschbach und am Irsenbach klappern hören.

Außerdem bestanden einst in der Gemeinde Windeck noch die Unkelmühle, Werfermühle, Hundhausenmühle, Pulvermühle, Vierbuchermühle, Ehrentalsmühle und die Bachmühle im Rosbachtal, so daß die heutige Gemeinde 7 Wohnplätze aufweist, in deren Namen die einstigen Mahlmühlen weiterleben. Außer der Bachmühle wissen wir nur wenig über ihre Entstehung, Betreiber und ihren Untergang. Die ehemalige Übersetziger Mühle bei Dattenfeld war wie die Etzbachs- oder Maueler Mühle vom Wasser der Sieg abhängig, während die Wasserkraft des Gierzhagener Baches ursprünglich ein Pochwerk (daher der heutige Wohnplatz Poche!) zur Zerkleinerung der Grubenerze (hauptsächlich der Grube Silberhardt) antrieb.

Dieses wandelte sich später – als der Erzbergbau in hiesiger Gegend unrentabel wurde- zu einer Mehlmühle, um zuletzt als Sägemühle in die Geschichte einzugehen.

Von den gebräuchlichsten Mühlen seien hier genannt: die Lohe-, Pulver-, Öl-, Getreide-, Säge-, Poch-, Knochen-, Tret- und Göpel- oder Roßmühle.

Zu den drei letzteren noch ein paar Bemerkungen: Die Knochenmühle stand unterhalb der Bachmühle im Rosbachtal.

Ihr Besitzer Christian Stöver war unter dem Spitznamen „Elektrescher Chrestian“ weithin bekannt, da er nach Aufgabe seiner Knochenmühle einen Dynamo betrieb und die Lungenheilstätte sowie den Ort Rosbach so recht und schlecht mit Strom versorgte. Die Tretmühle wurde von Menschen oder Tieren in Bewegung gesetzt, wie wir es im Kreismuseum zu Hachenburg noch sehen können. Sie wurde zum Inbegriff für den täglichen Arbeitstrott.

Eine Göpel- oder Roßmühle war dagegen in hiesiger Gegend eine Seltenheit. Im Jahre 1866 war eine solche auf dem Otto-Hof bei Herchen in Betrieb. Von dort wanderte sie nach Engelsbruch, wo sei 1988/89 von dem Förderer und Freundeskreis des Heimatmuseums zu Altwindeck abgebrochen wurde, um sie am Museum wieder neu aufzurichten. Diese Mühlen waren in der Landschaft nicht zu erkennen, da sie von einer gewöhnlichen Scheune nicht zu unterscheiden, ähnlich einem früheren Karussell wurden sie von Pferden oder Ochsen angetrieben.

Die Mahlmühle oder Ackerermühle in Wilberhofen

Die Kaltbachmühle bei Hoppengarten





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Da sich das Rad der Geschichte ebenfalls unaufhörlich weiterdrehte, wurde das Werden und Vergehen der alten Mühlen wie zwischen ihren eigenen Mahlsteinen zerrieben. Doch nicht die modernen Kunstmühlen, die elektrisch oder mit

Turbinen angetrieben wurden, sondern die Erfindung des Lastautos führte zwischen 1920 und 1930 das plötzlich Ende der Rad- und Flügelmühlen herbei. Per Auto wurde das Getreide beim Erzeuger abgeholt, sogleich in der

Großmühle gegen Mehl und Futtermittel umgetauscht, um den Bauern den eigenen zeitraubenden Transport mit Pferden oder Kühen zu ersparen.




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Wenn wir uns nunmehr der Engbachmühle zuwenden, so wissen wir (lt. Mecatorkarte), daß sie vor über 400 Jahren erbaut wurde.

Ihre Geschichte bis zur Jahrhundertwende liegt weitgehend im dunkeln. Erst dann finden sich genauere Angaben, die von den damaligen Besitzern hinterlassen wurden. Wann ihre Zweckentfremdung stattfand ist nicht bekannt, jedoch die Gründe dürften in dem bereits angedeuteten Trend der technischen Entwicklung gelegen haben. An der einsamen und idyllischen Lage der Engbachmühle hat sich bis heute nichts geändert.

Die moderne Zeit ist hier zum Glück vorbeigeschritten. Ihr Wasserrad wurde einst von den Quellen des „Großen- und des Kleinen Baches“, die sich zum Engbach vereinigen, angetrieben. Sie liegen am Südhang des Nutscheid-Höhenzuges unterhalb des „Hohen Wäldchens“, führten jedoch langjährig nicht genügend Wasser, so daß ein Mühlenteich notwendig war, um in einer Trockenperiode genügend Wasser für das oberschlächtige Rad zu sammeln.

Über die Befischung des Baches wissen wir aus dem Jahre 1912, daß er auf einer Länge von 1080 m und einer Laufzeit von 6 Jahren an Forellenangler verpachtet wurde, im Gegensatz zu heute für den märchenhaften Preis von 43,- M. Landrat Gerdes (Waldbröl) berichtet 1913, daß im Jahre 1911 in der Engbachmühle von dem Kaufmann Rau eine Fabrik für Fahrradteile eingerichtet und zuerst von ihm allein, dann in Gesellschaft mit dem Kaufmann Böllinghaus betrieben wurde. Nachdem Absatzschwierigkeiten zum Geschäftsverfall geführt hatten, nahm der Teilhaber 1913 den Betrieb allein wieder auf. Nach den Aufzeichnungen von Egon Böllinghaus übernahm sein Vater aber die Firma von den Fabrikanten Rinsche und Rose, die wohl vorher den Betrieb von Rau übernommen hatten? Böllinghaus wurde ihr neuer Compagnon und wenig später Alleininhaber Er wohnte mit seiner Familie 1912 zuerst bei dem Kaufmann Josef Lütz in Dattenfeld. Während dieser Zeit brannte eines Nachts das Wohnhaus in der Engbach ab.

Von dem Bauunternehmer Franz Poppel aus Schladern wurde es wieder aufgebaut.

Nach Fertigstellung wurde es von der Familie bezogen. Da die Wasserkraft im Sommer für den Antrieb der Maschinen nicht ausreichte, wurde ein Deutz Gasmotor in einem Anbau vor der Fabrik aufgestellt. Im vorderen Raum des Motorenhauses standen zwei vertikale Kessel, in denen aus Kohle das benötigte Gas zum Antrieb des Motors erzeugt wurde. Das eiserne Wasserrad von 5 m Durchmesser und 1 m Breite lag im Keller unter der Fabrik. Ein Vorgelege vergrößerte die Umdrehungen auf die entsprechende Geschwindigkeit der Maschine.





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Der Maschinenpark bestand aus 1 schweren und 1 mittelschweren Exzenterpresse, 1 schweren Friktionsspindelpresse, Drehbänken, Fräsmaschinen, Bohrmaschinen und Schmirgelböcken. In einem besonderen Raum stand ein Härteofen mit mehreren Kammern und 1 Ölwanne, daneben war noch ein Raum mit der Schmiede. Es konnten hier maximal 40 Leute beschäftigt werden.

Lager und Packstube waren im Wohnhaus untergebracht. Über eine Rampe am Wohnhaus konnten die Wagen mit Kisten beladen werden. Eine weitere Rampe vor der Fabrik diente zum Abladen von Material, Kohlen u. a. Diese Massengüter mußten am Bahnhof in Schladern entladen und mit Fuhrwerken in die Engbachmühle gebracht werden. Ähnlich wie bei den Mehlmühlen eine teuere zeitraubende Angelegenheit. Im Jahre 1918 wurde die Fabrikation eingestellt und alle Maschinen verkauft.

Böllinghaus verkauftge 1934 sein Anwesen und zog nach Remscheid zurück.

Neuer Besitzer wurde Herr Luft, der kurz darauf an Herrn Mandt und dieser wieder an weitere Besitzer verkaufte.

Das Haus Bitze, Etzbach, Villa Karolina und das Forsthaus standen noch nicht, so daß man sich bei Dunkelheit scheute, den Weg am Rochuskreuz vorbei in die Engbachmühle zu gehen, ohne unwillkürlich die Schritte zu beschleunigen.

Hinter dem Bahnwärterhäuschen Nr. 44 begann ein großer Fichtenwald, worin die Zigeuner gerne ihr Nachtlager aufschlugen.

Trinkwasser gab es nur aus einem kleinen Brunnen im Garten, dessen Wasser bei starkem Regen sehr lehmig wurde.

Nachdem die Fabrikation eingestellt war, wurde der elektrische Strom selbst hergestellt, da noch eine Dynamomaschine vorhanden war. Sie wurde abends durch das Wasserrad angetrieben. Nachdem in der Mitte der 20er Jahre das Forsthaus erbaut war, erfolgte der Anschluß an das öffentliche Stromnetz. Im Winter, wenn alles tief verschneit war, kam oft tagelang kein Mensch zur Engbachmühle.

Selbst der Briefträger Hundhausen kam nicht täglich, wie auch der Förster Thiel, der hier sein Revier betreute. Egon Böllinghaus mußte als Kind – wegen seiner evgl. Konfession – nach Schladern zur Schule gehen, was mit Gefahren, Zeitverlust und Kosten verbunden war.




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Bei plötzlicher Schneeschmelze setzte das übliche Hochwasser ein, das auch den Engbach zum Wildwasser anwachsen ließ.

Tag und Nacht tosten dann die Wassermassen am Überlauf des ehemaligen Mühlenteiches und stürzten rauschen in das tiefer gelegene Bachbett.

Stets war dann die bange Frage, ob das Wehr, ob der Damm des Teiches diesem ungewöhnlichen Wasseransturm wohl standhalten würde, denn bei einem unvorhergesehenen Dammbruch wäre alles hinweggeschwemmt worden und vor dem Eisenbahndamm hätte sich dann ein großer See gebildet. Der Wassergefahr im Frühjahr standen die oft schweren Sommergewitter gegenüber.

Mögliche Blitzeinschläge in den Gebäuden, wie sie im nahen Staatsforst nicht selten passierten, brachten manchmal größte Gefahr durch Waldbrände.

Dazu kam noch die begründete Angst, daß in dieser Einsamkeit auf sich allein gestellt war und schnelle Hilfe nicht geholt werden konnte.

Einer der größten Waldbrände 1919 im benachbarten Elisenthal ist mir noch in Erinnerung. Die dortige Pulvermühle konnte jeden Moment in die Luft fliegen, so daß die Bewohner von Dattenfeld v.d.Berg ihre Wohnungen panikartig verließen und jenseits des Berges in die Engbachmühle flüchteten um hier Zuflucht zu suchen, zumal sie bereits durch zwei schwere Explosionen in den Jahren 1913 und 1915 traurige Erfahrungen gesammelt hatten. Über die unheilvollen Ereignisse soll in einem der folgenden Aufsätze ausführlicher berichtet werden.



Die Fa. Böllinghaus & Rose in der Engbachmühle.


Die Fa. Böllinghaus & Rose in der Engbachmühle 1913

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Fabrik u. Belegschaft der Fa. Böllinghaus u. Rose

Frau Böllinghaus u. Frau Rose in der Engbachmühle 1929

Egon Böllinghaus aus der Engbachmühle hoch zu Roß -1915-

Siehe: Wasserkraftnutzung der Mühlen in unserer Heimat  

Autor: Karl Ludwig Raab

Autor des Textes: E. Hundhausen

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