Harald Patzke, Windeck-Öttershagen, den 15.04.2023
Wandern und historische Forschung, insbesondere Bergbauerforschung lassen sich in Windeck sehr gut kombinieren. Dem Wanderer können im Gelände bei Wilberhofen und Rossel beispielsweise relativ zügig bemerkenswerte Verformungen begegnen. Insbesondere auf dem Pfaden von Ommeroth bis hin zur Kaltbachsmühle. Hier stößt man in den Seitentälern auf Trichter und Löcher. Diese sind keine Laune der Natur oder des Waldbodens, sondern Reste von Schächten und Tagebauen. Kleine Hügel mit schwarzen leichten Steinen sind sogenannte „Schlacken“. Diese sind ebenfalls ein Restprodukt – allerdings aus der Metallerzeugung in Folge von Verhüttungsprozessen. Aber auch konkrete Reste von Bergwerken sind hier zu beobachten in Form von Furchen im Berg finden sich hier Stollenmundlöcher.
Bild 1: infrage kommendens Gebiet, Tim-Online, frei, Repro: Harald Patzke
Das angesprochen Gebiet gehört zu den intensiv genutzten Bergbau Bereichen in der Gemeinde Windeck. Wenn auch bislang nicht so prominent; lohnt sich hier der genaue Blick und die weitere Erforschung seiner Bergbau-Geschichte aufgrund der vielfältigen und offensichtlich erkennbaren Zeichen ehemaligen Bergbaus.
Warum wurde Bergbau gerade hier so intensiv betrieben?
Der Bereich Dattenfeld ist neben dem hier auslaufenden Siegener Erzrevier (Zeitstellung Unterdevon; Erzspalten können in große Tiefe gehen) auch durch Eisenerze des Mitteldevons gekennzeichnet. Diese Erze waren sehr zahlreich vorhanden und bei geringer Tiefe gut erreichbar.
Welche Mineralien wurden hier gewonnen:
Nach dem Bundesbergbaugesetz werden Abbaurechte vom Staat verliehen. In diesem Bereich wurden Abbaurechte auf Mangan, Blei, Zink, Kupfer und Eisenerz in Form von großen Vieleckfeldern (Geviertfelder) verliehen.
Seit wann wurde hier Bergbau betrieben?
Die erste schriftliche Erwähnung in der beschriebenen Region stammt von 1746 (W. Esser, 1922, S.103). Der Bergbau ist jedoch wesentlich älter. Nach den keltischen Funden (S. Wirth 1987, S.388) von Stromberg über Rossel bis Rosbach aus dem 1. Jahrhundert vor Christi könnte das der Beginn des Bergbaus sein. Die Kelten betrieben Landwirtschaft und waren Berg,- und Hüttenleute. Gleichzeitig auch gute Eisen und Buntmetallschmiede. Sie zogen um 50 n. Chris. aus unbekannten Gründen weg. Obwohl auf der "Alte Burg" bei Stromberg Buntmetallhandwerk betrieben wurde (Frank. K., 2019, S.89-S.92) und Kupfergruben an den Wällen liegen, gibt es keinerlei Hinweise auf einen Eisen- und Buntmetallbergbau.
Nach 738 (O.E. Löttgen, 1950, S.31) kamen die Franken in unsere Heimat. Sie siedelten, betrieben Landwirtschaft und begannen planmäßig mit einem technisch nach den damaligen Möglichkeiten optimalen Eisenerzbergbau (H. Grabert, 1991, S.184). Verhüttet wurde aber nur das Eisenerz mit dem höchsten Erzgehalt in einem Schacht Rennfeuerofen nahe der Grube. Diese Abläufe können bis Ende des 13. Jahrhunderts nachgewiesen werden. Bis dahin waren auch vermutlich alle leicht erreichbaren und hochwertigen Erzanteile des Mittel und Unterdevon Erzes abgebaut und verhüttet worden. Die Mengen können jedoch nur gering gewesen sein da das Mitteldevon Erz nur beschrieben wird mit 20 bis 40% Eisengehalt, (F. L. Kinne 1884, S.14).
Mit dem 14. Jahrhundert wurden Blashütten eingesetzt (nächste Hütte Dreisel-Eisenwoog).
Sie erforderten große Mengen (oftmals weit transportiertes Eisenerz), Holzkohle und Beischlag Stoffe. Ab jetzt konnten auch alle Erze; auch die minderwertigen, aber zahlreichen Mitteldevoneisenerze verhüttet werden. Der Einsatz dieser weiter entwickelten Technologie des auch Schachtöfen genannten Typs zog sich in unserer Heimat bis zum Ende des Siegerländer Bergbaues hin.
Nach den aktuellen Untersuchungen der Montanarchäologen (Sauerland) begann der Bergbau auf Kupfer und Blei (oftmals auch etwas Silber) schwerpunktmäßig im 10 – 13 Jahrhundert.
(M. Zeiler, J. Garner, R. Golze, (2022), S. 139). Zink wurde aus technischen Gründen erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts abgebaut.
Nach 1850 erlebte der Bergbau in der Region eine rasante Entwicklung.
Was ist neben den Relikten in der Natur noch an Informationen über den Bergbau in diesem Gebiet vorhanden?
Vorhandene schriftliche und zeichnerische Informationen waren aus einer Reihe von Gründen jahrzehntelang schlecht erreichbar. Daneben holte erst die Digitale Revolution zusätzlich viele unbekannte Nachrichten aus dem Dunkel. Ein wenig davon soll in diesem Artikel dargestellt
werden.
- Aktuelle Mutungskarte des infrage kommendes Bereiches
Die folgende Mutungskarte des Bergamtes (eigentlich Verleihungskarte) zeigt einen Bereichs - Ausschnitt aus der mir zur Verfügung gestellten Mutungskarte für die Gemeinde Windeck. In ihr sind die verliehenen großen Vielecke (Gruben) mit der jeweiligen Gesamtfläche in eine topografische Karte eingezeichnet.
- Verleihungen und überwiegende Farbcodes: Rote (Eisenerz) und blaue (Buntmetalle) Vielecke (Name Geviertfeld) wurden mit Ihren Flächeninhalten vom Staat an Privatpersonen und Firmen zum Zwecke des unterirdischen Abbaus von Erzen verliehen. Nach der Verleihung konnte im kompletten verliehenen Gebiet abgebaut werden. Im infrage kommenden Gebiet gibt es heute noch zwei aktive Besitzrechte.
- Dem Bergamt vorgerstellter Bergbau: Vorgestellt wurde dem Bergamt innerhalb der Abbaufläche nur ein Fundpunkt in dem die Erze gut sichtbar freigelegt waren. Dieser konnte die Form eines Erdloches, eines Schachtes, oder eines Stollens haben. Der Fundpunkt ist häufig in den noch folgenden Geviertfeldern mit einem kleinen roten Kreis eingezeichnet.
Bild 2: Ausschnitt aus der Mutungskarte Windeck, Bezirksregierung Arnsberg, Repro: Harald Patzke
Gruben im dargestellten Bereich:
Grube Engbach, verliehen auf Mangan, Blei, Kupfer und Eisen.
Grube Silberberg, verliehen auf Kupfer, Blei und Zink
Grube Newton, verliehen auf Kupfer
Grube Rossel, verliehen auf Eisenerz,
Grube C (K) alifornien, verliehen auf Blei, Zwei Schreibweisen, Rechtsstreit
Grube Amalia, verliehen auf Eisenerz
Grube Hoffnung2, verliehen auf Zink und Eisen.
Grube Engbach
Geht der Wanderer von Dorf Windeck rechts an der Eisenbahn entlang nach Wilberhofen, so stößt er kurz vor dem Dattenfelder Bahnhof auf eine Rechtskurve Richtung Engbach Mühle.
Bilder 3 und 4: Vor Wilberhofen, Richtung Bahnhof und Engbach Mühle, Fotos: Harald Patzke
Geht man 100 Meter von der Kurve weiter, so erreicht man auf der rechten Seite einen sichtbar bearbeiteten Hang. Hier befand sich das Stollenmundloch der Grube Engbach (dies war der dem Bergamt vorgezeigte Fundpunkt). Spuren des Stollens und der Halde auf der linken Seite sind heute nicht mehr erkennbar.
Am 02. November 1866 war es soweit (Berchtsamsakte Engbach (B-Akte 10026, nach Seite 20). Der Ackerer Johann Friedrichs aus Niedergeilenhausen und der Ackerer Heinrich Rödder aus der untersten Pulvermühle Öhleroth erhielten die Erlaubnis im verliehenen Felde die vorgezeigten Erze abzubauen.
Bild 6: Verleihungsrisse der Grube Engbach, Bezirksregierung Arnsberg
Um Geld zu sammeln wurde eine Gewerkschaft (besondere Form der Aktiengesellschaft für den Bergbau) gegründet. Untersuchungsarbeiten wurden am Fundpunkt an zwei der drei kleinen Erzadern durchgeführt.
Bild 7: Schummerungs-Karte Tim- Online frei, Einzeichnung Harald Patzke
Über einen Abbau der Erze ist nichts bekannt. Nach meinen Kenntnissen hat es sich nicht gelohnt.
Besitzer Status: Verleihung gelöscht
Grube Silberberg
Die Grube wurde verliehen am 02.11.1866 auf Blei,- Zink und Kupfererze an Saturn, den Rheinischer Bergwerks-Aktien-Verein, Köln (Berchtsamsakte Silberberg (B-Akte 10027), nach Seite 32).
Heutiger Besitzer ist eine belgische Firma. Sie erwarb das Grubenfeld am 30.06.1995.
Grube Newton
Vorläufer war die Grube Wilberhofener Gemark. Sie wurde am 05.10.1746 an Johann Scharding und Consorten verliehen. 1753 wird der Betrieb eingestellt. (W. Esser, 1922, S.103).
Die Grube Newton wurde am 23.05.1857 verliehen an Eduard Mertens zu Brüssel und Mertens und Comp. zu Köln auf Kupfererze (Berechtsamsakte (B-Akte 10043), keine Seitenzahl).
Bild 9: Grube Newton, Bezirksregierung Arnsberg, Repro: Harald Patzke
Heutiger Besitzer ist eine belgische Firma. Sie erwarb das Grubenfeld am 30.06.1995.
Grube Rossel
Die Grube wurde verliehen am 02.11.1866 an den Kaufmann Johann Clever zu Werden an der Ruhr auf Eisenerz (B-Akte 10035, nach Seitenzahl 41).
Bild 10: Grube Rossel, Bezirksregierung Arnsberg, Repro: Harald Patzke
Besitzer Status: Verleihung gelöscht
Grube (K) Californien
Die Grube Californien, bei Rossel, wurde am 20.08.1874 verliehen auf Bleierze an den Ackerer Gerhard Theves zu Hoppengarten, Bürgermeister Peter Jacobs zu Mauel, Gutsbesitzer Franz- Josef Etzbach zu Dattenfeld, Weichensteller Wilhelm von der Wülbecke zu Au (B-Akte 10044, keine Seitenzahl )
Bild 11: Grube C (K) alifornien, Bezirksregierung Arnsberg, Repro: Harald Patzke
Besitzer Status: Verleihung gelöscht
Grube Amalia
Die Grube Amalia wurde am 26.08.1873 verliehen auf Eisen an den Weichensteller Wilhelm von der Wülbecke aus Au, Bürgermeister P. Jacobs zu Mauel, Ackerer Gerhard Theves zu Hoppengarten,
Gutsbesitzer S. J. Etzbach zu Dattenfeld (B-Akte 10032, keine Seitenzahl )
Bild 12: Grube Amalia, Bezirksregierung Arnsberg, Repro: Harald Patzke
Besitzer Status: Verleihung gelöscht
Grube Hoffnung 2
Die Grube Hoffnung 2, Hoppengarten wurde verliehen am 17.09.1873 auf Zink und Eisen an
Ackerer Peter Otto zu Otto Feld bei Herchen und dem Ackerer Hermann Friederich Carl Öttershagen, Hof bei Schladern. (B-Akte 10031, nach Seite 10 )
Bild 13: Grube Hoffnung2, Bezirksregierung Arnsberg, Repro: Harald Patzke
Besitzer Status: Verleihung gelöscht.
Sie möchten mehr über die hier vorgestellten Gruben erfahren?
Die Literaturrecherche über die vorgestellten Gruben habe ich beendet. Vorort habe ich zudem die Grube Engbach näher untersucht. Die gewonnenen Erkenntnisse sind natürlich bei Weitem höher als hier dargestellt.
Dieses „Mehr“ an Erkenntnissen soll in einer geplanten Buchveröffentlichung mit Daten aller Gruben des Windecker Bergbaus in die Öffentlichkeit kommen. In diesem Buch soll sowohl über vorhandene Gruben, als auch über geplante Gruben (Mutungen) sowie Heimatgeschichtserwähnungen und Relikte in der Natur berichtet werden. Die Neuen und alten Karten (Risse) werden auch über genauere Details in den Örtlichkeiten des Bergbaues informieren.
Sie möchten generell mehr über den Bergbau in unserer Region erfahren?
Wir haben in der Gemeinde das Besucherbergwerk der Region, die Grube Silberhardt (www.grube-silberhardt.de). Hier erfahren sie sehr viel über das Arbeiten unter Tage im Stollen und im Museum über den Bergbau im Allgemeinen.
Sie möchten selber ein Teil der Geschichte werden?
Die Grube Silberhardt sucht Helfer für die Grubenführung, für die Instandhaltung, die weitere Erforschung der Bergbaugeschichte und die weitere Entwicklung der Gesamtanlage.
Literatur, Archive und Fremdbilderverzeichnis
Monographie:
Wirth, S. (1987): Eine spätlatenezeitliche Siedlung in Windeck-Dreisel In: Sonderdruck aus Bonner Jahrbuch Nr. 187, Bonn, S.388.
Kinne, F. L. (1884): Beschreibung des Bergreviers Ründeroth, Königliches Oberbergamt zu Bonn, Bonn: Marcus Verlag, S.14
Löttgen, O.E. (1950): Festschrift zur 700 Jahrfeier , Rosbach, Verlag Gemeinde Rosbach, S.14.
Sammelband:
Esser, W. (1922): Der Bergische Bergbau im 18ten Jahrhundert, Die Entwicklung des Kupferbergbaues In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereines, Band55, 1925/1926, S103.
Zeiler M. , Garner J., Golze R. (2022): Die mittelalterliche Montanregion zwischen Rhein, Ruhr, Diemel und Lahn, In: Tagungsband 23.Internationaler Bergbau & Montanhistorik- Workshop, Siegen 2021, S.139.
Grabert, H. (1991): Das Oberbergische Land – Eine Erd- und Landschaftsgeschichte Teil 2, Jahresbericht des Naturwissenschaftlichen Vereins, 44. Heft, Wuppertal, S.184
Frank, K (2019): Windeck, Rhein-Sieg-Kreis, Ein Späteisenzeitlicher Ringwall im Bergischen Land In: Archäologie im Rheinland 2019, Nünnerich Verlag, Oppenheim, 2020, S.89 – S. 92.
Archive:
Öffentliche Bekanntmachung der Bezirksregierung Köln, In: Berchtsamsakte Engbach, (B-Akte 10026).Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie in NRW - Dezernat 63 - Nachbergbau - Goebenstraße 25, 44135 Dortmund, Archiv, nach Seite 20.
Verleihungsurkunde, In: Berchtsamsakte Silberberg (B-Akte 10027).Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie in NRW - Dezernat 63 - Nachbergbau - Goebenstraße 25, 44135 Dortmund, Archiv, nach Seite 32.
Verleihungsurkunde, In: Berchtsamsakte Newton (B-Akte 10043).Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie in NRW - Dezernat 63 - Nachbergbau - Goebenstraße 25, 44135 Dortmund, Archiv, keine Seitenzahl.
Verleihungsurkunde, In: Berchtsamsakte Rossel (B-Akte 10035).Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie in NRW - Dezernat 63 - Nachbergbau - Goebenstraße 25, 44135 Dortmund, Archiv, nach Seite 41l.
Verleihungsurkunde, In: Berchtsamsakte (K) Californien (B-Akte 10044).Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie in NRW - Dezernat 63 - Nachbergbau - Goebenstraße 25, 44135 Dortmund, Archiv, keine Seitenanzahl.
Verleihungsurkunde, In: Berchtsamsakte (K) Californien (B-Akte 10044).Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie in NRW - Dezernat 63 - Nachbergbau - Goebenstraße 25, 44135 Dortmund, Archiv, keine Seitenanzahl.
Verleihungsurkunde, In: Berchtsamsakte Hoffnung 2 (B-Akte 10044).Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie in NRW - Dezernat 63 - Nachbergbau - Goebenstraße 25, 44135 Dortmund, Archiv, nach Seite 10.
Fremdbilder:
Bild 1, Übersichtskarte, TIM-ONLINE- NRW.de
Bild 2, Mutungsübersichtskarte Windeck, Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6, Bergbau und Energie,
Bild 5, Öffentliche Bekanntmachung der Bezirksregierung Köln, siehe Archive
Bild 6, BA 10026, Verleihungsriss der Grube Engbach, Bezirksregierung Arnsberg, siehe Archive
Bild 7, Schummerungskarte, TIM-ONLINE- NRW.de
Bild 8 – Bild 13, Ausschnitte aus Mutungsübersichtskarte Windeck, Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6, Bergbau und Energie,
Autor des Textes:
Harald Patzke, Windeck-Öttershagen, den 15.04.2023